• Sport
  • Tennis der Frauen

Wenn das T-Shirt verkehrt herum sitzt

Die Französin Alizé Cornet zieht auf dem Tennisplatz kurz ihr Oberteil aus - und kassierte dafür eine Strafe.

  • Robert Semmler, New York
  • Lesedauer: 3 Min.

Alizé Cornet hatte den Vorfall schnell als Fehler eines überforderten Schiedsrichters abgehakt. Passiert war es bei den US Open in New York: Dort zog sich Cornet am Dienstag während ihrer Erstrundenniederlage nach dem zweiten Satz um und bemerkte erst auf dem Platz, dass sie ihr frisches Oberteil verkehrt herum trug. Also zog sie es schnell aus und wieder an, stand für einige Sekunden im Sport-BH auf dem Platz und kassierte zu ihrem Erstaunen dafür eine Verwarnung. Der US-Tennisverband bedauerte dies am Mittwoch, denn alle Profis - männlich wie weiblich - dürften sich auf ihrem Stuhl umziehen.

Da hatte es schon reichlich Entrüstung und viel Solidarität für Cornet gegeben. »Alle Spielerinnen haben mich unterstützt und gesagt, wenn ich eine Strafe bekomme, werden wir gemeinsam zur WTA gehen und eine Revolution anzetteln«, berichtet die Französin. Sie habe alle beruhigt: »Lasst uns erst die Informationen abwarten und schauen, ob wir einen Aufstand machen oder nicht.«

Die Profiorganisation WTA teilte mit, sie sehe sich als Vorkämpferin der Gleichberechtigung. US-Tennis-Ikonen wie Billie Jean King und Tracy Austin schimpften über veraltete Regeln, der US-Verband räumte den Fehler ein und war froh, dass es keine weitere Strafe gab, die das Spiel beeinflusst hätte. Damit war der Fall an sich erledigt.

Schauplatz Paris: Bei der Rückkehr zu den French Open nach ihrer Schwangerschaft trat Serena Williams Ende Mai in einem schwarzen - für manche offenbar zu aufreizenden - Ganzkörperanzug an, der vor allem die Durchblutung fördern sollte. Frankreichs Verbandspräsident Bernard Giudicelli will nun aus »Respekt vor dem Spiel« strengere Kleidervorschriften einführen. »Manchmal sind wir zu weit gegangen«, sagt Giudicelli, meint mit dem »wir« aber die Spielerinnen. Williams sagt, sie habe mit ihm gesprochen, und man werde sich einigen. Sie plane ohnehin, den Anzug nicht mehr zu tragen.

Cornet ist dagegen noch sauer auf ihren Landsmann. »Was Bernard Giudicelli über den Catsuit gesagt hat, war zehntausendmal schlimmer als das, was mir auf dem Platz passiert ist«, sagte die 28-Jährige. Die frühere Nummer eins Victoria Asarenka pflichtete ihr bei. Sie habe keine Ahnung, was respektlos daran sei, Tennis in einem Catsuit zu spielen.

Die 29-Jährige aus Belarus sah zudem in der Verwarnung für Cornet sehr wohl ein grundsätzliches gesellschaftliches Problem. Solche Dinge müssten von Anfang an unterbunden werden. »Es gibt immer unterschiedliche Standards für Männer und Frauen«, klagte Asarenka. Judy Murray, die Mutter des Ex-US-Open-Siegers Andy Murray, wies ebenfalls darauf hin, dass sich Männer ohne Beanstandung ständig ein frisches Tennishemd anziehen dürften.

Auch Cornet fand, Frauen würden grundsätzlich etwas anders behandelt, im Tennis gebe es aber auch viel Gleichberechtigung. So schütten alle vier Grand-Slam-Turniere mittlerweile Preisgeld in gleicher Höhe für Frauen und Männer aus, auch wenn das lange Zeit anders war.

Nicht alle auf das Thema angesprochenen Spielerinnen wollten oder durften sich indes äußern. Tatjana Maria erklärte nach ihrem Aus, sie sei angewiesen, nichts zu sagen. Von wem, blieb unklar. Auch Venus Williams wurde nach ihrem Zweitrundensieg als Erstes nach Cornets Verwarnung gefragt. Sie wolle jedoch nur über ihr eigenes Match reden. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal